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Soy el rico Potosí
Del mundo soy el tesoro
Soy el rey de los montes
Envidia soy de los reyes
Ich bin das reiche Potosí
Ich bin der Schatz der Welt
Ich bin der König der Berge
Ich bin der Neid der Könige
Das ist der Spruch auf dem Wappen von Potosí, der höchsten Stadt der Welt. Potosí wurde berühmt durch den Cerro Rico („reicher Berg“), dessen Inhalt der Spanischen Krone im 15. und 16. Jahrhundert ihren Reichtum finanzierte. Potosí war mal eine unendlich reiche Stadt, eine der größten Städte der Welt, denn im Cerro Rico war ein riesiger Silbervorrat.
So ist das Beeindruckende an der Stadt nicht ihre Höhe, sondern ihre Schicksalsreiche Geschichte. Potosí war im 16. Jahrhundert eine der reichsten und größten Städte Südamerikas, der weltweit größte Industriekomplex. Auch heute gibt es im Spanischen noch das Sprichwort „vale un Potosí“, was so viel heißt wie, dass etwas ein Vermögen wert ist. Es erinnert an die glückliche Zeit in Potosí. Zinn, Blei, Kupfer, aber vor allem Silber haben die Menschen (zur Kolonialzeit vor allem die Spanier) reich gemacht. Millionen von Menschen sind in diesem Berg gestorben, weswegen er auch den Beisatz hat „Der Berg, der Menschen frisst“. Zur Kolonialzeit wurden überwiegend indigene Männer gezwungen in den Minen zu arbeiten und als diese nicht mehr reichten, brachten die Spanier Sklaven aus Afrika. Die UNESCO hat Potosí für seine schicksalsreiche Geschichte zum Weltkulturerbe erklärt.
Die Mineros beschützt „El tío“ (wörtlich der Onkel, hier aber eher auf der Teufel bezogen), der an jedem Mineneingang wacht und auf die Kumpel aufpasst, wenn sie ihm Gaben geben. Gaben kann man zuvor auf dem Mercardo de Mineros kaufen: Cocablätter, hochprozentigen Alkohol, Zigaretten, Dynamit. Manche tío‘s tragen Knieschoner, die an die Sklaven aus den afrikanischen Ländern erinnern. Denn diese waren viel größer als die lokale Bevölkerung und hatten in den schmalen, engen Tunneln keine Möglichkeit zu laufen. In Potosí haben die Spanier 25 Kirchen zurückgelassen und dennoch beten die Kumpel vor Arbeitsbeginn zum Teufel.
Die Cocablätter helfen den Minenarbeitern konzentriert und wach zu bleiben, keinen Hunger während den Schichten zu haben und die Höhe besser zu verkraften. Der Alkohol macht die Arbeit und Gerüche erträglicher. Die Zigaretten haben keinen Filter und sind mit schwarzem Tabak gefüllt. Potosí ist auch der einzige Ort der Welt, wo man einfach so in einer Tienda (kleiner Laden) eine Stange Dynamit kaufen kann.
Auch heute ist die Arbeitsweise kaum anders als zu Kolonialzeiten. Sie ist extrem gefährlich. Jede Woche sterben oder verschwinden Menschen. Ohne Atemmaske gehen die Kumpels in kleinen Gruppen in die Mine – immer mit der Hoffnung wertvolles Silber zu finden. Sie sind Staub, giftigen Stoffen und anderen Gefahren des Berges ausgesetzt. Tief im Berg ist es stickig und unglaublich heiß. Im Durchschnitt sterben die Minenarbeiter mit 50 Jahren. Sie haben eine Lunge voller Staub.
Wie viel Silber haben die Spanier noch übrig gelassen? Die Minen gehen kilometerweit in den Berg hinein, mehrere Kilometer nach oben und nach unten. Die Schächte sind teilweise so groß, dass man gebückt laufen kann, teilweise müssen die Arbeiter kriechen. Das Wasser steht knöcheltief. Das Innere des Berges ist nicht kartographiert. Die Schächte sind nicht abgesichert. Einige Schächte sind vergessen. Daher weiß niemand so genau wie durchlöchert der Cerro Rico ist. Aber man kann es teilweise sehen: Der Berg wird irgendwann zusammenbrechen, langsam nach und nach. 200 Meter ist er schon kleiner geworden, auf 4400 Meter ist es den Kooperativen verboten zu arbeiten. Der Cerro Rico wird langsam leer und die Stadt ist immer noch abhängig vom ehemaligen Schatz Boliviens. Wir haben einen Minenarbeiter gefragt, ob er schon mal Silber gefunden hat. Hat er. Es ist diese Hoffnung, die die Arbeiter antreibt: Eine der letzten Silberadern des Berges zu finden. Ob es diese aber überhaupt noch gibt, weiß niemand so genau.
Die Politik hat es nicht geschafft, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Deswegen waren auch die Mineros mit denen wir gesprochen haben von ihrem Präsidenten enttäuscht. Die Kumpel sind stolz auf ihre schwere Arbeit. Teilweise arbeiten die Männer seit Generationen in einer der vielen Kooperativen. Unser Guide gibt zu, dass es schwierig ist die Einstellung der Arbeiter zu ändern. Seit Generationen bietet der Cerro Rico Arbeitsplätze. 11 000 Männer arbeiten dort. Selbst, wenn der Cerro Rico bald leer ist, wissen die Mineros, dass es in umliegenden Bergen Mineralien gibt. Nur wehren sich gegen den Abbau in anderen Bergen die lokalen indigenen Gemeinden. In ihrer Kultur sind Berge heilig und der Abbau im Cerro Rico hat bereits die Gewässer verschmutzt, macht es unmöglich aus naheliegenden Flüssen Trinkwasser zu gewinnen oder Gemüse zu gießen. Trinkwasser wird stattdessen mit dem LKW geliefert.
Als ich durch die Straßen Potosís lief, wirkte die Stadt trist auf mich. Von der Kolonialzeit sind die Kirchen und Kolonialbauten übrig geblieben. Und der Cerro Rico thront immer noch über der Stadt.
Fazit: Potosí ist interessant, um eine weitere Seite Boliviens kennenzulernen und mehr über die Geschichte zu erfahren. Man sollte sich aber darüber bewusst sein, was einen erwarten könnte. (:
Anmerkung der Autorin: Meine Schwester und ich haben mit Greengo Tours eine Minentour gemacht, aber von Anfang an gesagt, dass wir nicht kilometerweit in die Mine gehen wollen. Zudem haben wir die Tour an einem Sonntag gemacht, wo niemand arbeitet. Es gibt Touren, die den tollsten, spannendsten und adrenalinreichsten Ausflug versprechen. Ich möchte hier mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass man sich wirklich gut überlegen soll, ob man so eine Tour macht oder das Interesse nicht eher dahingehend liegen soll, dass man mehr über die Situation der Minenarbeiter erfahren möchte. Für ein Abenteuererlebnis ist das meiner Meinung nach nicht der richtige Ort, denn hier arbeiten und sterben Menschen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass wir an so etwas schlichtweg nicht gewöhnt sind. Gebückt oder kriechend, kletternd und robbend stundenlang durch eine aktive Mine gehen, den Grubenwagen aus dem Weg springen, Minenarbeitern nicht im Weg stehen uns giftige Stoffe einatmen, ist eine Erfahrung, die man sich gut überlegen soll. Wir haben uns entschieden nur einige Hundert Meter in die Miene reinzugehen und das hat für einen authentischen Eindruck vollkommen ausgereicht. Wir konnten mit den Mineros reden und haben einen interessanten Einblick von unserem Guide bekommen, der für einige Jahre in der Mine gearbeitet hat. Dafür müssten wir keine Abenteuertour erleben.