Dass mein erster Beitrag erst nach meinem Auslandsaufenthalt in Dublin erscheint, liegt wohl daran, dass mein Semester nur 3 ½ Monate gedauert hat und ich diese kurze Zeit in vollen Zügen genießen wollte! Nun aber kann ich euch von allen meinen Eindrücken berichten, was gleichzeitig eine Rückschau für mich selbst ist.
Als ich mich im Juni letzten Jahres für die Partneruniversitäten der OTH entscheiden musste, bin ich nach dem Ausschlussverfahren vorgegangen und irgendwie bei der ISB in Dublin als meinem Erstwunsch gelandet. Nach einiger Zeit kam dann die Zusage und es stand fest, dass ich Mitte Januar mein Semester beginnen werde. Als eine der einzigen habe ich mich die Zeit davor nicht wirklich auf meinen Auslandsaufenthalt gefreut, weil Dublin und Irland, verglichen zu Kolumbien oder Kanada, so unspektakulär klang, so nah und klein.
Am 20. Januar ging es dann „endlich“ los. Angekommen in Irlands Hauptstadt bei Regen und Nebel, musste ich erstmal feststellen, dass meine Wohnung, die ich zuvor auf Facebook gefunden hatte, nicht existiert und ich Opfer eines sogenannten „Scams“ wurde. Also erstmal ab ins Hostel und die Wohnungssuche noch mal von vorne starten. Im Rückblick war das wohl das Beste, was mir hätte passieren können. Nicht, dass meine schon bezahlte Kaution weg ist, aber die Zeit, die ich im Hostel verbracht habe, hat mir meinen Start in Dublin wirklich leichtgemacht. Ich habe so viele nette Leute aus verschiedenen Ländern kennengelernt und immer war etwas geboten. Nach drei Wochen konnte ich dann schließlich in eine WG ziehen und war dann auch ganz froh über Privatsphäre. Generell ist der Wohnungsmarkt in Dublin aufgrund der „housing crisis“ im Zuge der weltweiten Finanzkrise katastrophal, Mieten sind entweder unbezahlbar oder die Zimmer unbewohnbar. Die Krise ist auch der Grund, wieso es in Dublin auffallend viele Obdachlose gibt.
Meine Uni, die ISB (International School of Business), kann man nicht wirklich Uni nennen, da sie nur aus zwei Stockwerken eines normal großen Bürogebäudes mitten in der Innenstadt besteht. Der „common room“ ist kleiner als ein Klassenzimmer und die Bibliothek besteht aus 3 Tischen und einer Handvoll Büchern (insgesamt besteht die Uni aus 140 Studenten und etwa 15 Dozenten). Nichtsdestotrotz ist die Qualität meiner Kurse (z.B. Finance & Accounting, Social & Economic Aspects of Ireland, Marketing Communications) sehr hoch und alles wird sehr praxisorientiert vermittelt. Jede Woche musste ich mindestens eine Präsentation halten oder einen Test schreiben. Innerhalb dieses 14-Wochen-Studiums gab es tatsächlich auch zwei Prüfungsphasen, jeweils eine Woche mit einer (manchmal zwei) Prüfungen pro Tag. Hört sich nach Stress und Aufwand an, ist es auch. Allerdings ist es vom Anspruch nicht ganz so hoch wie an der OTH und deswegen gut machbar. Was mir an der ISB am besten gefallen hat, sind einerseits die supercoolen Professoren, mit denen man ein fast freundschaftliches Verhältnis pflegt und auch ab und zu mal weggeht. Außerdem sind an der Uni auch nur internationale Studierende (z.B. Franzosen, Spanier, Dänen, Amerikaner). Interkulturalität (und damit leider auch öfter Verständigungsprobleme) sind vorprogrammiert.
Die Schule organisiert auch fast wöchentlich Ausflüge in verschiedenste Teile Irlands. Diese Ausflüge haben mich auch von Irlands Schönheit überzeugt, die keinem Land in irgendwas nachsteht. Irland wie aus der Butterwerbung – das war für mich immer unvorstellbar, aber Tatsache ist: es sieht wirklich so aus!
Die für mich beeindruckendste Kulisse findet man nicht bei den berühmten „Cliffs of Moher“ (obwohl diese auch sehr eindrucksvoll sind), sondern auf den „Aran Islands“, einer Inselgruppe an der Westküste des Landes, nahe Galway. Auf Inishmore, der größten von den drei Inseln, kann man sich Fahrräder ausleihen und sich so auf der Insel fortbewegen. Irgendwann gelangt man dann zur prähistorischen Festung „Dun Aonghasa“ auf einer hohen Klippe. Hier kann man bis zur Kante der Klippe gehen, was eine einzigartige Fotogelegenheit ist, vorausgesetzt, man hat keine Höhenangst.
Aber auch das Erbe aus dem goldenen Zeitalter des Christentums zeigt sich in Irland nahezu überall. In Orten wie Glendalough findet man Klöster, Friedhöfe und sogenannte „Round Tower“, die typisch für die Zeit (6. – 8. Jahrhundert n. Chr.) waren. Auch Surfen kann man in Irland. Zwar nicht wie in Kalifornien bei 30°C, sondern mit Neoprenanzug bei guten 8°C, aber immerhin! Der Surf-Trip war einer der besten Ausflüge während meiner Zeit in Irland, wenn nicht sogar überhaupt. Von den ca. 25 Leuten, die mitgefahren sind, sind ungefähr 23 noch nie auf einem Surfboard gestanden, darunter ich. Nach ganzen 10 Minuten Technik-Einweisung, schicken uns die sehr chilligen Surf-Lehrer hinein ins kalte Wasser. Etliche elegante Bauchplatscher, frustrierte Gesichter und viel geschlucktes Wasser später dann die Erlösung: jeder stand zumindest einmal auf dem Board und konnte sich wie ein richtiger Surfer fühlen!
Nordirland ist auf jeden Fall auch einen oder mehrere Ausflüge wert. Belfast als Hauptstadt ist natürlich interessant, vor allem, da in den Vororten der Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken noch zu sehen und zu spüren ist. Die sogenannte „Peace Wall“ trennt die beiden Nachbarschaften voneinander, was dazu führt, dass protestantische und katholische Kinder getrennt voneinander aufwachsen. Die Mauer ist ein Symbol für die (politische) Lösung des Konflikts durch das Belfast-Agreement 1998, aber auch für die fehlende Bereitschaft zur (zwischenmenschlichen) Versöhnung. Nordirland bietet daneben auch eine einzigartige Natur. Nicht nur finden hier „Game-of-Thrones“-Fans einige Drehorte der Serie, sondern steht hier auch ein „UNESCO Welterbe“, der „Giant’s Causeway“. Der, zu Deutsch, „Damm des Riesen“ besteht aus etwa 40.000 sechseckigen Basaltsäulen, die ein Alter von ca. 60 Millionen Jahren aufweisen. Einfach nur Wow!
Bei meinem Abflug im Januar habe ich geweint, weil ich nicht aus Deutschland wegwollte. Nach 3 ½ Monaten im wunderschönen Irland mit einzigartigen Leuten und Erfahrungen, habe ich geweint, weil ich einfach nur dableiben wollte. Fazit: Ich hatte die bisher schönste und aufregendste Zeit in meinem Leben und bereue meine Entscheidung nach Irland gegangen zu sein in keiner Sekunde. Ohne große Erwartungen und Vorfreude angekommen, hat mich die grüne Insel von sich mehr als überzeugt und sie wird immer einen Platz in meinem Herzen einnehmen!
Da ich nicht alles in einen einzigen Riesen-Beitrag packen möchte, wird demnächst noch ein Artikel zu Dublin als Stadt mit all seinen positiven und negativen Seiten erscheinen. Ich hoffe, euch hat mein Beitrag gefallen und ihr schaut bald wieder vorbei!
Eure Lea