Wie die meisten sicherlich mitbekommen haben dürften, war im Mai der Monat des Ramadans. Jeder in Marokko lebende nicht-Muslim steht vor der Frage: wie geht man damit um? Eigentlich gibt es drei Möglichkeiten:
Nummer eins: nicht fasten.
Nummer zwei: Eingeschränkt fasten. Viele verzichten zum Beispiel auf Essen, aber nicht auf Trinken.
Nummer drei: Mitfasten.
Um ein Missverständnis aus dem Weg zu räumen: Man fastet während die Sonne am Himmel steht nicht nur Essen und Trinken. Man verzichtet auf jeglichen Konsum, man besinnt sich. Das heißt: Kein Sex (auch nicht der Gedanke), keine Zigaretten, man sollte nicht beleidigen, nett zu seinen Mitmenschen sein, den Armen spenden, etc… ich glaube ihr habt das Prinzip verstanden.
Ich selbst habe mich aus verschiedenen Gründen für Nummer drei entschieden. Der erste war ganz klar: Solidarität. Ich arbeite mit vielen Muslimen die den ganzen Tag fasteten, außerdem fasteten alle meine Freunde. Der zweite Grund (es mag euch seltsam vorkommen): Neugier. Wie ist es zu fasten?
Meine Meinung zum Ramadan hat sich mit der Erfahrung es selbst mit zu machen sehr verändert. Ich dachte davor, es sei eigentlich unmöglich für mich, den ganzen Tag nichts aufzunehmen. Eigentlich habe ich mich schon mental darauf vorbereitet, spätestens am Ende der ersten Woche zusammenzuklappen.
Aber die Realität ist: die ersten zwei, drei Tage sind schwer. Ab 13 Uhr träumte ich nur noch von Wasser, ab 14 Uhr von Snickers und Pizza. Die Kopfschmerzen kamen so um 16 Uhr. Aber am schlimmsten war, dass ich unglaublich schlecht drauf war, man könnte sagen „auf Krawall gebürstet“. In Erwartung des Iftar (Fastenbrechen), plante ich schon was ich kochen würde. Und dann war es sieben, noch zwanzig Minuten bis der Muezzin ruft, und das Fasten gebrochen werden darf. Ich hatte sogar Kuchen gekauft, weil mein Körper förmlich nach Zucker geschrien hat.
Und dann vergeht die erste Woche. Dann wurde es einfacher, am Ende der Zeit, hatte ich kaum mehr Probleme. Zugegeben, ich war gereizt. Aber das ist jeder. Das merkt man schon auf der Straße, ich rate hiermit jedem davon ab während des Ramadans nachmittags in ein Taxi zu steigen. Ich habe auch nicht, wie erwartet, abgenommen. Im Gegenteil, nach dem Fasten fühlte ich mich gesünder, vielleicht sogar entgiftet.
So weit so gut, das sind meine Erfahrungen. Und jetzt zur obligatorischen Frage, warum fasten, wenn man kein Muslime ist? Zu den oben genannten Gründen möchte ich hinzufügen, dass auch Muslime selbst nicht nur aus religiösen Gründen fasten. Es hat auch gesellschaftliche und spirituelle Facetten. Es ist ein Gefühl der Gemeinschaft, alle ziehen es gemeinsam durch. Außerdem ist es ein Monat des in sich Gehens. Dafür muss man gar nicht gläubig sein, ich hab zum Beispiel viel über den Islam gelesen. Andere nutzen die Zeit um „sich selbst zu erkunden“. Ich für meinen Teil, halte nicht viel von diesem ganzen Weg zu sich selbst finden, aber das ist jedem selbst überlassen. Viele Marokkaner die ich fragte, was denn das Hauptziel des Ramadans wäre, sagten, es würde auch dem Zweck dienen, sich selbst gegenüber dem Leben, welches die Armen führen, zu sensibilisieren.
Ich möchte weder werten, noch eure Meinung über den Ramadan beeinflussen. Trotzdem würde ich diesen Bericht gerne mit zwei Denkanstößen aus Marokko beenden. In Fes protestierte eine Gruppe Obdachloser, in dem sie den ganzen Tag aßen, um zu verstehen, wie es „den Reichen“ (in dem Fall jene, die immer Zugriff auf Essen haben) geht. Und in Rabat passierte es nicht nur einmal, dass Menschen die öffentlich auf der Straße nicht fasteten (z.B. Rauchen, Essen, Trinken), fest genommen wurden.
Was ich vom Ramadan gelernt habe? Es ist erstaunlich, wozu mein Körper allein durch Willenskraft fähig ist, ich denke, ich unterschätze manchmal, wie belastbar ich bin.