Nach der Vorlesung mit einem Bier am Mensa-See chillen, auf dem OTH-Fest abtanzen oder den ein oder anderen Cocktail am Campusfest zu sich nehmen…all das, was das von vielen Studierenden als „beste Zeit ihres Lebens“ angepriesene Sommersemester ausmacht, ist dieses Jahr nicht möglich. Auch Mensen, Cafeterien und Bibliotheken sind geschlossen oder nur eingeschränkt besuchbar.
Dort, wo es normalerweise nur so von StudentInnen wimmelt, herrscht gähnende Leere; der Alltag an deutschen Universitäten hat sich durch die Corona-Pandemie grundlegend verändert.
Digitaler Unterricht statt voller Hörsäle
Nachdem der Semesterbeginn zunächst verschoben wurde, startete am 20.April der Vorlesungsbetrieb – jedoch ausschließlich online.
Wie genau das aussieht? Über die Kursplattform Moodle/GRIPS können Dozenten Texte, Aufzeichnungen von Vorlesungen und Präsentationen teilen. Diese Möglichkeit der asynchronen Bereitstellung von Inhalten gab es auch schon vor der Krise, sie wurde jedoch bisher nicht von allen Lehrkräften aktiv genutzt. Mittlerweile hat sich GRIPS offiziell zu einer zentralen Anlaufstelle für alle wichtigen Inhalte, die für den Unterricht benötigt werden, entwickelt.
In der Realität funktioniert dies mal mehr, mal weniger gut. Vor allem Professoren, die zuvor lediglich Livevorlesungen an der OTH gehalten haben, haben große Probleme beim Umgang mit Moodle. Dementsprechend unorganisiert sehen teilweise die Kursräume aus.
Natürlich trifft dies nicht auf jeden Dozierenden zu; vor allem Professoren der jüngeren Generation blühen wahrlich auf und nutzen die Vielfalt an Tools, die GRIPS anzubieten hat (beispielsweise Umfragetools, Etherpads, …).
Auch Live-Vorlesungen sind wieder durchführbar, wenn auch nicht Face-to-Face, sondern per Videochat. Um die Online-Lehre abhalten zu können, hat die Hochschule Lizenzen für die Kommunikationsplattform Zoom erworben. Nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase für sowohl die Professoren als auch für die Studierenden -immerhin ist dies für alle Beteiligten eine ungewohnte Situation- hat sich der neue Ablauf nun eingespielt und die Vorlesungen finden mehr oder weniger wie gewohnt zu den im Stundenplan stehenden Zeiten statt.
Meist funktioniert dies reibungslos, es gibt kaum Probleme mit Bild und Ton oder Verzögerungen im Chat. Jedoch kann es ab und an vorkommen, dass die Internetverbindung schlecht ist oder gar komplett abreist, vor allem wenn man wie ich in einem kleinen, ländlichen Dorf wohnt, wo man froh sein kann, dass überhaupt eine Internetverbindung besteht.
Auch sollte beachtet werden, dass das Mikrofon während der Vorlesung ausgeschaltet werden sollte, außer natürlich man möchte etwas anmerken oder eine Frage stellen. Ansonsten könnte es gut passieren -und ich spreche hierbei aus eigener Erfahrung- dass auf einmal 50 Menschen bei einem Privatgespräch zuhören.
Doch nicht nur die Programme stellen Dozenten und Studierende vor Herausforderungen
Im Laufe des Studiums lernt man, sich selbst zu organisieren und eigenständig Inhalte zu erarbeiten, was für Viele nach der Schulzeit eine Herausforderung darstellt. Dieser Umstand wurde in Zeiten von Corona nicht unbedingt verbessert. Wissenschaftliche Arbeiten sind als Ersatz für Prüfungen zu erstellen, eigene Lernkonzepte müssen organisiert werden – Selbstständigkeit hat nun eine ganz neue Bedeutung bekommen.
Mit diesen Anforderungen kommt so mancher Studierender, vor allem wenn man wie ich erst seit einem Semester studiert, nicht gut klar, da vor allem die unzähligen Hausarbeiten mehr Zeit in Anspruch nehmen, als man zunächst denken würde. Wer deshalb sein Zeitmanagement zu Beginn des Semesters nicht sofort im Griff hatte und gleich nach Herausgabe der Aufgabenstellung mit der Bearbeitung begonnen hat, steht nun unter enormen Zeitdruck. Selbst bei sofortiger Inangriffnahme der Aufgaben ist der permanente Workload noch immens, es gibt kaum einen Moment, an dem man nicht an die nächste bevorstehende Abgabe denken muss – da wünscht man sich doch glatt die normale Prüfungsphase zurück.
Wo lernen, wenn nicht in der Bib?
Erschwert wird die Lage zudem durch den eingeschränkten Zugang zur OTH-Bibliothek. Seit dem 20.April können auf Vorabestellung Bücher kontaktlos ausgeliehen werden, die CIP-Pools bleiben jedoch noch für längere Zeit geschlossen. Zudem war der Zugang zu Arbeitsplätzen in den Lesesälen zunächst nur für Studierende, die an ihrer Abschlussarbeit schreiben, möglich; seit kurzem wurde diese Regelung gelockert, auch anderen Studierenden ist der Zutritt nach vorheriger Reservierung eines Bib-Platzes nun wieder gestattet.
Größeren Gruppen bleibt der Zugang zu den Lesesälen weiterhin untersagt, was eine weitere Folge mit sich zieht: der Lernort wandert von der geordneten Bibliothek mit passender Fachliteratur hin zum WG-Zimmer oder ins alte Kinderzimmer. Ruhe? Gibt es dort nicht.
Sich sinnvoll auf eine Aufgabe zu konzentrieren ist demzufolge nicht wirklich möglich, vor allem wenn wie bei mir immer mal wieder die Mitbewohner ins Zimmer platzen.
Überforderungsgefühl und Versagensängste – in diesem Semester keine Seltenheit
Vor allem für Studierende, die kurz vor dem Abschluss stehen, steht so einiges auf dem Spiel. Für sie hätte dieses Sommersemester der krönende Abschluss der Hochschulzeit sein sollen – die letzten Male mit Kommilitonen feiern gehen, an der Donau entspannen, etc. – stattdessen stehen Existenzängste und Versagensängste auf dem Programm.
Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Wird man die restlichen Prüfungen gut bestehen, auch wenn man allein zu Hause lernen muss?Werden sie überhaupt in Präsenz stattfinden oder gar ausfallen? Gibt es nach dem Abschluss genug freie Stellen? Diese und weitere Fragen beschäftige Viele.
Deshalb bemühen sich alle Mitarbeiter der Universität, dieses Semester so angenehm wie möglich zu gestalten. Es gibt Anlaufstellen, die bei Problemen Hilfestellung geben; so ist die Allgemeine Studienberatung für alle persönliche Anliegen rund ums Studium zuständig, und auch die psychosoziale Beratung der OTH Regensburg bietet eine vertrauenswürdige Anlaufstelle für persönliche Probleme sowie Hilfestellung bei der Erarbeitung von individuellen Lösungswegen in Konfliktsituationen.
Corona als Chance?
Dass die Pandemie eine Ausnahmesituation ist, mit der keiner gerechnet hat, ist nicht zu leugnen. Auch, dass sie Universitäten, Lehrkräfte sowie Studierende gleichermaßen vor noch nie dagewesene Herausforderungen stellt, ist außer Frage.
Dennoch sollte man nicht nur die Schattenseiten der Krise sehen; so mag die Umstellung auf Digitales Lernen zwar keine leichte gewesen sein, dennoch bietet dies nun die perfekte Gelegenheit, die Digitalisierung voranzutreiben, was vor allem für Berufstätige oder Studierende mit Kindern eine große Erleichterung wäre.
Wer weiß, vielleicht finden manche Kurse nun auch in Zukunft weiterhin online statt – wünschenswert wäre es.
Autorin: Martina Hierl
Stand: 20.07.2020
*Dieser Beitrag ist im Rahmen des Kurses Krisenmanagement in der globalen Sars-Cov2 / Covid19 Krise entstanden.