Krisenmanagement in der globalen Sars-Cov2 / Covid19 Krise
Autorin: Martina Hierl
Der Dönerladen um die Ecke dicht, weder Sax, U-Bar noch das Rauschgold haben geöffnet, keine Menschenseele weit und breit sitzt im Biergarten – was für so manchen Studenten wie eine Szene aus einem Horrorfilm klingt, ist bittere Realität geworden.
In ganz Bayern haben Gastronomen mit den Folgen der Coronakrise zu kämpfen – und nein, damit ist nicht die mexikanische Biermarke gemeint. Die Rede ist von der Coronavirus-Erkrankung (COVID-19), einer Infektionskrankheit, welche durch ein neuartiges Virus verursacht wird und zu Atemwegserkrankungen führt.
Wenngleich die gesamte Wirtschaft von der Pandemie betroffen ist, so leiden vor allem die deutschlandweit rund zweieinhalb Millionen im Gastgewerbe Tätigen unter der Situation, denn Medienberichten zufolge ist kaum eine Branche von den Folgen so stark betroffen wie die Gastronomie. Leere Restaurants, geschlossene Bars und Kneipen – die Umsatzeinbußen zerren an den Nerven der Unternehmer.
»Bereits jetzt befinden sich viele Betriebe am Rande ihrer wirtschaftlichen Belastbarkeit. Existenzen sind mehr als akut gefährdet«,
teilt der Bundesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) mit.
Doch weshalb treffen die Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung versucht, das Virus einzudämmen, besonders das Gastgewerbe so schwer?
Dafür muss man zunächst klären, was die vollzogenen Maßnahmen überhaupt sind und wie genau sich deren Auswirkungen manifestieren. Seit dem 21.März 2020 ist der Betrieb sämtlicher Einrichtungen, welche nicht notwendigen Verrichtungen des alltäglichen Lebens dienen, untersagt. Dementsprechend einzustellen sind Gastronomiebetriebe jeglicher Art, inklusive Gaststätten und Gaststättenbereiche im Freien wie beispielsweise Biergärten.
Dies stellt eine Großzahl von Gastgewerben vor große Herausforderungen. War Mitte März zumindest noch eingeschränkter Betrieb möglich – maximal 30 Personen in einem Lokal bei einem Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Tischen sowie gekürzte Öffnungszeiten von 6-15 Uhr-, so herrscht heute nahezu Stillstand. Lediglich die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen ist von der Regelung, welche zunächst bis zum 19. April 2020 in Kraft sein soll, ausgenommen. Diese Exzeption stellt jedoch lediglich ein minimales Trostpflaster für Gaststättenbetreiber dar.
So auch für die Eltern einer guten Freundin, denen das „Schwan Mediterran Diner“ in Parsberg, einer Stadt im Oberpfälzer Landkreis Neumarkt mit knapp 7300 Einwohnern, gehört. Nach einer zweiwöchigen Schließung aufgrund Gästemangels zu Beginn der Krise hat das Restaurant nun wieder geöffnet und bietet einen Abholservice an. Trotz dieser Maßnahme beträgt der Umsatz wie in vielen anderen Gastronomiebetrieben nunmehr gerade noch ein Fünftel dessen, was im Regelfall erwirtschaftet wird – bei weitem nicht ausreichend, um allen Angestellten den vollen Lohn zahlen zu können.
Die Folge: Kurzarbeit
Dies heißt, einfach gesagt, dass kürzer gearbeitet wird. So kann die Arbeitszeit gesenkt werden,weniger Lohn wird ausgezahlt. Im Bedarfsfall kann die Kurzarbeit soweit gehen, dass gar nicht mehr gearbeitet wird. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) informiert: »Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Unternehmen bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld für die Beschäftigten beantragen.« Berücksichtigt werden sollte aber, dass das Kurzarbeitergeld maximal zwölf Monate gezahlt wird und nur 60 beziehungsweise 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns der Arbeitnehmer beträgt.
Viele Festangestellte hatten damit bereits im Vorhinein gerechnet, dennoch haben sie mit dem Erhalt von nur noch 60 Prozent Kurzarbeitergeld sowie dem Verlust von Umsatzbeteiligungen durch ausbleibende Kundschaft und das Wegfallen von Trinkgeld – ein oftmals wichtiger zusätzlicher Einkommensfaktor – zu kämpfen
Dabei sind es nicht nur die Festangestellten, die um ihren Lebensunterhalt bangen
Die großen Leidtragenden sind die Aushilfskräfte, denen kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld zusteht – häufig Studenten oder Geringverdienende, die nebenbei jobben müssen, um ihr Gehalt aufzustocken. Um deren Zukunft fürchtet Katharina B., die Inhaberin des Schwan Diners, besonders. Am liebsten würde sie Allen helfen, doch es gibt momentan leider keine beziehungsweise kaum Arbeit. Verständlich also, wenn sich Aushilfskräfte neue Nebenverdienstmöglichkeiten suchen, jedoch bringt dies eine neue Herausforderung mit sich: Wie geht es nach Corona weiter? Kommen die Aushilfen zurück in den Betrieb oder bleiben sie eventuell permanent bei neuen Arbeitgebern?
Diese Zukunfts-Fragen beschäftigen viele Gastronomen zurzeit.
Um dennoch das Beste aus der gesamten Krisensituation zu machen, lassen sich Inhaber oft kreative Ideen einfallen, um Kundschaft anzulocken
Von klassischen Gutscheinen, Abholung und Take-away bis hin zu vorgefertigten Koch-Sets und Sterne-Gastronomie für zu Hause (ein vorgekochtes mehrgängiges Menü zum Aufwärmen, Kerzen und Musikvorschläge inklusive) ist alles dabei.
Auch andere Unternehmen stehen Gastronomen unterstützend zur Seite. Die Firmen delphi Lebensmittelsicherheit, Flowtify und tempcontrol haben sich in dieser Krisenzeit zur Initiative „HACCP Digital“ zusammengetan. Das HACCP-Konzept („Hazard Analysis and Critical Control Points“) dient der Qualitätssicherung und Vermeidung von Gefahren im Zusammenhang mit Lebensmitteln. Ziel ist es, dem Gastgewerbe während des Shutdowns in Deutschland zur Digitalisierung ihrer HACCP-relevanten Dokumentationen zu verhelfen.
Zusätzlich unterstützt METRO Restaurants mit einem Tool, durch das Gastronomen Essensbestellungen online entgegennehmen können. Die neue Funktion ist eine Erweiterung der Gastro-Website von METRO, die Gastronomen seit Corona kostenfrei und völlig selbständig erstellen können.
Auch von staatlicher Seite gibt es Hilfen, um Gastronomiebetreiber zu unterstützen
Es ist ein unbegrenztes Kreditprogramm für Unternehmen angekündigt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier haben ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Abfederung der Auswirkungen des Corona-Virus vorgelegt. Dabei gibt es keine Grenze nach oben bei der Kreditsumme, die die Förderbank KfW vergeben kann.
Auch die bereits erwähnte Beantragung von Kurzarbeit ist eine Option.
Außerdem hat der Freistaat Bayern eine Soforthilfe für Selbstständige ins Leben gerufen, welche sich an gewerbliche Unternehmen mit Betriebs- bzw. Arbeitsstätte in Bayern richtet. Voraussetzung für die Soforthilfe ist ein akuter Liquiditätsengpass. Das heißt, es sind keine ausreichenden Geldmittel vorhanden, um z.B. laufenden Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Es muss nachgewiesen werden, dass vor Inanspruchnahme der Soforthilfe verfügbares liquides Privatvermögen eingesetzt worden ist. So sind Förderungen von bis zu 50.000€ möglich, je nach Größe des Betriebes.
Doch wann genau die Soforthilfe tatsächlich ankommt, dass weiß keiner so genau
So hat Katharina B. trotz Beantragung noch keine Rückmeldung erhalten, weder eine Zusage noch Informationen, ob der Antrag schon in Bearbeitung ist. Auch für die Kurzarbeit ist noch keine Zahlung von staatlicher Seite erfolgt.
So können viele Gastronomen wie sie nur hoffen, dass ihre finanziellen Mittel bis zur Zahlung der Hilfen ausreicht.
Gerade deswegen sind die vielen solidarischen Hilfsaktionen so wichtig.
Bei all den Initiativen, die momentan deutschlandweit aus dem Boden sprießen, gilt vor allem: #supportyourlocal – so lautet auch der Aufruf von Katharina S.:
„Es ist so einfach, die Gastronomen vor Ort zu unterstützen, indem man Gutscheine kauft oder öfter mal Essen abholt“.
Und ist es nicht ein schöner Nebeneffekt, einmal nicht selbst kochen zu müssen und dabei etwas Gutes zu tun?
Stand: 14.04.2020
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN UND LINKS ZU INITIATIVEN:
https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld
https://www.dehoga-bayern.de/
https://www.dehoga-bundesverband.de/presse-news/aktuelles/dehoga-informiert-coronavirus/
https://www.gastro-hero.de/cheers/corona-gastronomie-hilfe/
https://kochen-fuer-helden.de/
https://www.lokalhelden.bayern/karte
https://www.paynoweatlater.de/
Disclaimer: In diesem Artikel wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
*Dieser Beitrag ist im Rahmen des Kurses Krisenmanagement in der globalen Sars-Cov2/Covid19 Krisen entstanden