Was wir zur Zeit machen kann man anderen Leuten manchmal eigentlich gar nicht erzählen. Studiensemester in Korea oder Marokko, Praktika in Mexiko und Taiwan oder Tunesien und Nepal, Reisen durch Japan und China, Summer University in den Niederlanden und Wochenendausflüge in die Schweiz – alles in unter einem halben Jahr. Dass Oma und Opa bei dem vielen hin und her zum Teil gar nicht mehr mitkommen, kann man verstehen. Eigentlich ist es unglaublich, was für uns heutzutage alles selbstverständlich geworden ist, und das, obwohl wir noch längst nicht beide Beine fest im Leben haben, sondern noch nicht mal unser Bachelorstudium abgeschlossen haben und uns teils noch im Selbstfindungsprozess befinden.
Wir müssen gar nicht weit zurückschauen um zu sehen, wie gut es uns eigentlich geht. Unsere Eltern schon haben eine komplett unterschiedliche Studienerfahrung gehabt – von unseren Großeltern ganz zu schweigen. Ich muss nur an die Geschichten denken, die mein Opa (Jahrgang ’31) uns von seiner Zeit in der Schule und im Studium erzählt. Überfüllte Klassenzimmer ohne Heizungen im Winter, dürftiges Lehrmaterial, altdeutsche Disziplin und Ordnung in den Vorlesungen und den Wiederaufbau eines gesamten Landes während der Nachkriegszeit. An Reisen in den Semesterferien oder Studieren im Ausland war nicht zu denken.
Und heute bewegen wir uns mit einer Selbstverständlichkeit durch die Welt. FSJ, Auslandsemester oder -praktikum, Summer Universities, Austauschprogramme oder auch einfach Urlaub – unserer Generation steht die Welt offen wie keiner Generation zuvor. Und trotzdem bin ich der Meinung, dass wir IRMler immer noch hervorstechen, was Auslandserfahrungen angeht. Nicht nur, weil es uns zum Teil in Länder wie Ghana, Peru oder Nepal zieht, sondern auch, weil ich in unserer kleinen Gruppe eine Begeisterung für solche Abenteuer erkenne, die ich in dieser Art selten erlebt habe. Man könnte fast meinen, man versuche, sich gegenseitig spielerisch übertreffen zu wollen (diesen Sommer Couchsurfing im Iran, nächstes Jahr dann Pyramidenerklimmen in Guatemala?).
Nach einer solchen Reise wieder zurück nach Deutschland zu kommen ist manchmal gar nicht so einfach. In unserem IRM-Kreis wird man mit Freuden empfangen und sofort über seine Erfahrungen ausgequetscht. Reiseroute! Fotoshow! Blogeinträge! Alles soll offenbart werden. In anderen Freundeskreisen macht man manchmal allerdings eher die Erfahrung, dass lieber nicht allzu viel erzählt wird. Und das meinte ich mit meinem ersten Satz: oft können unsere vielen Reisen und Auslandaufenthalte auch eher schwieriger nachvollziehbar sein. Vor allem, wenn man eben nicht so oft Europa oder sogar Deutschland verlässt.
Mit amerikanischen Freunden habe ich schon besonders lustige Gespräche geführt, was unsere Reisen angeht. Wenn ich erzähle, dass ich vor meinem Studium in Korea noch schnell übers Wochenende in Mailand eine Freundin getroffen habe, können sie es kaum fassen. Übers Wochenende? Nach Mailand? Fliegen? Mir wurde schon gesagt, dass “wir Europäer” in Flugzeuge steigen, wie Amerikaner es mit Bussen tun. Was man dabei aber nicht vergessen darf, ist, dass wir es mit unseren Billiglinien wie easyJet oder Ryanair richtig gut haben (wenn ich erzähle, dass ich für neun Euro von Bratislava nach Berlin geflogen bin, kippt mein amerikanisches Gegenüber fast um).
Was wir bei dem vielen Fliegen und Reisen allerdings auch gerne vergessen ist unser ökologischer Fußabdruck, der sich dadurch stets vergrößert – mittlerweile müssten wir bei einigen von uns wohl eher von einer ökologischen Baugrube sprechen. Da können wir noch so viel Strom und Wasser sparen und ÖPNV nutzen – weit über dem Durchschnitt liegen wir damit auf jeden Fall.
Kurz gesagt: wir können für die vielen Möglichkeiten, die wir heute haben, wahnsinnig dankbar sein. Dabei von Freunden und Familie unterstützt und gefördert zu werden ist wohl das Schönste, das es gibt.
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