Die Einschaltquoten für ARD, ZDF und Co. sind im letzten Monat stark angestiegen – die Tagesschau im Ersten erreichte kurz vor Beginn der Ausgangsbeschränkungen so viele Menschen wie schon seit der Fußball-WM 2018 nicht mehr. Doch im Gegensatz zu damals ist es gerade jetzt in der Covid-19 Krise wichtig, gut informiert zu sein. Vor allem müssen wissenschaftliche Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus kommuniziert werden. Im Zeitalter des Internets sind die Informationsquellen zwar vielfältig –  aber nicht immer seriös.

Bedeutung der Wissenschaftskommunikation in der Covid-19 Krise

Im normalen Alltag können sich Journalistinnen und Journalisten einer Vielzahl an Recherchemethoden und Quellen bedienen. In der Covid-19 Krise gibt es jedoch nur wenige Menschen und Institutionen, die als verlässliche Quellen Informationen liefern können. Um gute Informationen an die Öffentlichkeit weiterzuleiten, ist es daher vor allem wichtig, dass Journalisten ihre Recherchen durchführen können.

Warum ist es überhaupt wichtig, die Bevölkerung über wissenschaftliche Erkenntnisse zu informieren? Um den Ausgangsbeschränkungen Folge leisten zu können und zu wollen, muss die allgemeine Bevölkerung hinreichend informiert werden und vor allem wissenschaftliche Zusammenhänge und damit die Notwendigkeit der Maßnahmen verstehen. Die Medien reagieren kreativ: auf verschiedenen Internetseiten werden Informationen und weiterführende Links zum Thema Coronavirus bereitgestellt (siehe Abb.1, Abb. 2). Mit Live-Tickern und Corona-Spezial Sendungen im Netz und offline reagieren auch Rundfunk und Fernsehen auf die erhöhte Nachfrage.

Abbildung 1: Suchanfrage bei Ecosia
Abbildung 2: Covid-19 Informationsleiste unter einem YouTube Video

Persönliche Erfahrungen mit Medien in der Covid-19 Krise

Informationsbedürftigkeit, Angst und Unsicherheit führen dazu, dass Informationen schneller verbreitet, unter anderem aber weniger hinterfragt werden.  Auf diesem Wege entstehen Fake News und kursieren Verschwörungstheorien. Im Messenger-Dienst WhatsApp hat sich beispielsweise ein Kettenbrief mit dem „Corona-Selbsttest“ verbreitet: Wer 10 Sekunden lang die Luft anhalten kann ohne zu husten, ist nicht am Coronavirus erkrankt. Im Familien- und Freundeskreis hatte die Nachricht einige Mitmenschen überzeugt. Eine Krankenschwester im Bekanntenkreis kommentierte die Nachricht mit „Das kann ich mir gut vorstellen“. Durch diese vermeintlich „wissen-schaftliche“ Validierung und die gefühlte Allgegenwärtigkeit der Nachricht war es überraschend schwer, meine Bekannten davon zu überzeugen, dass es sich um Fake News handelt. 

Die emotionale Komponente der Corona Krise – Stress, Angst, Verunsicherung, Existenzängste – kann sich auf diese Weise auf die Medienkompetenz auswirken. Kommunikation von echter Wissenschaft hat in diesem Fall ebenfalls nicht funktioniert: Der Informationsstand meiner Bekannten bezüglich der medizinischen Wirkungsweise des Virus war nicht ausreichend, um diese Information als falsch zu erkennen. Mehr als ein Monat später stehen mehr gut kommunizierte Informationen zur Verfügung, auch Warnungen vor Fake News wurden ausgesprochen. Man kann also hoffen, dass sich dieser Fall nicht wiederholt.

Was ist Wissenschaftskommunikation?

Die Politik ist sich der Bedeutung von Wissenschaftskommunikation bewusst. Im Grundsatzpapier des Bundesministeriums  für Bildung und Forschung  (BMBF) zur Wissenschaftskommunikation ist folgende Aussage zu finden: 

„Der strategische Schwerpunkt des BMBF in der Wissenschaftskommunikation liegt (…) auf der direkten Kommunikation über Wissenschaft und Forschung mit der interessierten und allgemeinen Öffentlichkeit über Vermittlungs-, Dialog- und Beteiligungsformate.“ 

Grundsatzpapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Wissenschaftskommunikation. (Stand: November 2019). Abgerufen am 02. Mai 2020

In dieser Schrift wird Wissenschaftskommunikation zwischen der Wissenschaft auf der einen und der allgemeinen Öffentlichkeit, den Medien und der Politik auf der anderen Seite in Bezug auf die Corona-Krise analysiert.

Wissenschaftskommunikation in der Covid-19 Krise

In der Covid-19 Krise müssen die Medien komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge der breiten Bevölkerung nahe bringen und Wissenschaftskommunikation meistern.5 Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim weist auf den Unterschied zwischen „Was?“ und „Was nun?“ (engl. „What?“ und „So What?“ ) hin. Virologen sind Wissenschaftler und als Experten auf ihrem Gebiet vorwiegend am Virus selbst interessiert. Ihr Interesse beschränkt sich somit auf das „Was“. 

Die breite Bevölkerung ist hingegen weniger an der Wissenschaft, als an deren Schlussfolgerungen interessiert. Die Bürger möchten wissen, welche Konsequenzen sie erwarten und „was nun“ konkret auf sie zukommt.

Den Wissenschaftlern wird gute Wissenschaftskommunikation abverlangt. Sie müssen also fähig sein, komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge verständlich und trotz zwingend fehlender Tiefe korrekt zu erklären. Von den Journalisten auf der anderen Seite wird erwartet, guten Wissenschafts-journalismus zu betreiben und insbesondere fachliche Informationen tatsachentreu wiederzugeben.

Was nun“ in der Politik

Die weltweit schnelle Ausbreitung der Pandemie spiegelt sich auch in der Geschwindigkeit der deutschen Politik wieder: unter erschwerten Bedingungen muss sie wichtige Entscheidungen im Eiltempo treffen. Der „Corona-Schutzschild“ ist mit haushaltswirksamen Maßnahmen von etwa 353 Milliarden Euro, Garantien im Wert von etwa 819 Milliarden Euro und einer Neuverschuldung von 156 Milliarden Euro das größte Hilfspaket der deutschen Geschichte.

Die Politik ist, genauso wie die Bevölkerung, auf die Wissenschaftler angewiesen, denn deren Erkenntnisse und Prognosen bilden einen der Grundpfeiler politischer Entscheidungsfindung während der Corona-Krise. Hier bleibt offen, wie stark die Einflussnahme der Wissenschaft sein darf und sollte. Prof. Dr. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologe der Charité Berlin, betont in seinen Podcasts „Corona-Update“ des NDRs und in Interviews immer wieder, dass die Wissenschaft nur Informationen liefert, aber keine Handlungsempfehlungen geben sollte. Er argumentiert, dass neben wissenschaftlichen Faktoren unter anderem auch wirtschaftliche und gesundheitliche Überlegungen eine Rolle spielen und von der Politik gleichermaßen beachtet werden müssen.

Um die gerade beschriebenen Zusammenhänge zwischen Experten, Medien, Politik und der Bevölkerung anschaulich zu erläutern, folgt eine grafische Darstellung (Abbildung 3). 

 

Wie empfinden die Deutschen die das Krisenmanagement der Bundesregierung? Laut einer Statista-Umfrage gab ein Großteil der Befragten an, „zufrieden“ (50%) oder „sehr zufrieden“ (22%) zu sein.

Es ist zusammenfassend erkennbar, dass die oben genannten Akteure die Wichtigkeit von Wissenschaftskommunikation in der Covid-19 Krise verstehen und aktiv versuchen, Wissenschaft gut zu kommunizieren. Durch kontinuierliche, zielgerichtete Zusammenarbeit ist es möglich, die Wissenschaftskommunikation in Deutschland weiterhin zu verbessern. Wissenschaftler wie Prof. Dr. Drosten bemühen sich, theoretische Konzepte und praktische Erkenntnisse verständlich zu erklären.Die Medien müssen sich anstrengen, tatsachentreu zu berichten und sachlich relevante Fragen zu stellen. Die deutsche Politik muss weiterhin viele Faktoren in ihre Entscheidungsfindung einfließen lassen. Die Bürger, schließlich, sind in der Pflicht, sich ausreichend und selbstständig zu informieren und so ihren Beitrag zur Wissenschaftskommunikation zu leisten. 

Es steht fest: eine gute Kommunikation von Wissen und Wissenschaft ist ein grundlegender Bestandteil der erfolgreichen Bewältigung der Covid-19 Krise in Deutschland und weltweit. Diese wird uns voraussichtlich noch eine Weile begleiten. Somit ist genug Zeit, informiert zu bleiben und den Erkenntnissen der Wissenschaft zu lauschen. 

Autorin: Katja Klose

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*Dieser Beitrag ist im Rahmen des Kurses Krisenmanagement in der globalen Sars-Cov2/ Covid 19 entstanden.

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