Meknes – Moulay Idris – Volubilis – Fes
Ich möchte euch heute gerne etwas von der Reise mit meinen Eltern erzählen. Ohne das wir es wussten, stand unsere Reise unter dem Motto: Eine Zeitreise! Denn nachdem wir uns Rabat angeschaut haben, ging es weiter nach Meknes. Diese Stadt ist eine der Königsstädte, zählt aber als die am wenigsten bekannteste. Viele Reiseführer schreiben, dass dies zu Unrecht sei, allerdings fanden meine Eltern und ich Meknes an sich nicht besonders spannend. Über Moulay Idris, wo der Gründer Marokkos begraben liegt und welches neben Mekka ebenfalls einer Pilgerstätte ist, besuchten wir Volubilis, eine der berühmtesten Römerruinen Nordafrikas. Als letztes ging es dann in die Medina nach Fes. Mit 9800 Gassen ist es die größte Medina Marokkos und ein absolutes Labyrinth – sich zu verlieren, ist unvermeidlich.
Meknes erlebte unter dem Sultan Moulay Ismail seine Blütezeit; er wäre wohl heute ziemlich verärgert, wenn er die (Un-)bedeutsamkeit Meknes erleben würde. Die Medina Meknes ist einigermaßen langweilig.
Sehenswert ist die Medersa Bou Inania (Koranschule) aus dem Jahr 1358. Die kunstvolle Innenausstattung ist typisch für die Bauten aus der Merinidenzeit. Schüler von 8 – 10 Jahren wohnen jeweils zu zweit in einer Kammer im Erdgeschoss, ältere Studenten und Lehrer im Obergeschoss. Als wir die Medersa besucht haben, war kein anderer Mensch dort und ich hätte mich nicht gewundert, wenn wir in einem Horrorfilm gelandet wären. Es war komisch für mich so einen alten Ort zu besuchen, menschenleer und einer Renovierung dringend bedürftig. Die Kammern in denen die Schüler früher lebten, sahen für mich eher wie Abstellkammern aus, ohne Licht ohne Platz um Gedanken und Kreativität entfalten zu können. Nichtsdestotrotz, strahlt diese Medersa das Wissen von mehreren Jahrhunderten aus. Ein erhabener Ort, der langsam zerfällt.
Wenn man die Medina verlässt und sich auf den Weg zu dem 3km außerhalb gelegenen ehemaligen Getreidespeicher und Pferdestalls Moulay Ismails, Heri es- Souani, macht, bekommt man einen sehr guten Eindruck von den Grundstücken der Königsfamilie. Man hat nämlich das Vergnügen an der 2 km langen Mauer und alle 50 m stehenden Wachposten vorbeizulaufen, die den königlichen Golfplatz eingrenzen und bewachen. Ganz richtig, die Königsfamilie besitzt einen eigenen Golfplatz mitten in der Stadt, der tagtäglich bewacht und gepflegt wird. Hineingehen darf man selbstverständlich nicht, denn so wie alle Königspaläste sind auch alle anderen privaten Grundstücke der Königsfamilie der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ich habe mich da schon gefragt wie man so etwas rechtfertigen kann, denn glaubt man Wikipedia kostet das tägliche Budget der Hofhaltung (Personal, Kleidung, Autos) pro Tag bis zu 960 000 US- Dollar, die vom marokkanischen Steuerzahler bezahlt wird. Für mich eine unvorstellbare Summe, wenn ich mich an die Bettler, Verletzten und arbeitenden Kinder auf der Straße erinnere. Wenn man aber den Golfplatz hinter sich lässt, erreicht man nach kurzer Zeit den Getreidespeicher und der ist ziemlich eindrucksvoll. Ein weiterer Ort, der vor Geschichte nur so trotzt. Dafür würde ich euch gerne etwas über den Sultan Moulay Ismail erzählen (1672 bis 1727): Noch am Tag seines Amtsantritts machte er mit seinen 83 Brüdern und Halbbrüdern kurzen Prozess: Wer sich ihm nicht unterwarf, wurde umgebracht. Auch in der Folge blieb seine Politik sehr blutig. Er vereinte den Süden, das Rifgebirge und das damalige algerische Hinterland und eroberte so den größten Teil des heutigen Marokkos. Mit seiner festen Hand band er das Land zu einer Einheit zusammen, die erstmals das moderne Staatsgebilde Marokko erahnen ließ. Nachdem der Frieden hergestellt worden war, konzentrierte sich der Sultan auf den Bau seines grandiosen Königspalastes, Stadtmauern, Kasbahs und andere neue Städte. Es soll das letzte goldene Zeitalter Marokkos kultureller Blütezeit gewesen sein. Natürlich hatte der Sultan eine Schwäche für Frauen. Vergeblich hielt er um die Hand der Tochter Ludwigs XIV. von Frankreich an und zeugte hunderte von Kindern. Leider vergaß er seine Nachfolge zu regeln, was zu einem erbitternden Machtkampf nach seinem Tod führte.
Aber seht selbst:
Wir ließen Meknes zurück und kamen auf dem Weg nach Fes bei der Stadt Moulay Idris und Volubilis vorbei: Moulay Idris ist eine Pilgerstätte, d.h. ein Muslim kann 7 mal nach Moulay Idris reisen, anstatt einmal nach Mekka zu fahren. Eine kleine wenig touristische Stadt, auf einem Hügel gebaut. Bis vor einigen Jahren war es Nichtmuslimen nicht gestattet Moulay Idriss zu betreten, seht selbst:
Die römischen Ruinen von Volubilis sind ein wahrer Schatz. Man kann sich die antike Stadt lebhaft vorstellen. Gerade die Mosaike auf dem Boden sind etwas besonderes in Anbetracht der Zeit, die sie dort nun schon liegen. UNESCO hat einiges in Volubilis investiert, allerdings habe ich es als traurig empfunden die Stätte so langsam vor sich hinrotten zu sehen. Die Mosaiken sind dem Wetter ausgesetzt, nicht geschützt und gehen so langsam kaputt.. Aber seht selbst:
Nun ging es für uns nach Fes. Ich muss sagen, dass ich Fes immer noch nicht so unglaublich positiv gegenüber stehe. Marrakech hat einfach mein Herz erobert. Fes ist absolut sehenswert, eine beeindruckende Stadt, aber wie mir so viele Marokkaner gesagt haben: Entweder bist du im Team Marrakech oder Fes. Richtig glauben wollte ich das nicht, aber am Ende bin ich im Team Marrakech gelandet. Allerdings hatte ich dieses Mal in Fes schöne Erfahrungen und die Gelegenheit die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten kennenzulernen. Auch wenn Fes für mich ein Negativbeispiel, was die Auswirkungen des Tourismus angehen, ist, kam ich mir so vor, als ob ich ein paar Jahrhunderte zurückgeschleudert worden bin. UNESCO investiert viel in diese Jahrtausendealte Medina mit ihren 9800 Gassen, sodass die Läden und Gebäude renoviert & restauriert werden und somit erhalten bleiben. Wir verbrachten einen Tag in der Medina und nahmen uns einen Guide namens Fatima, die uns sicher durch das Gassengewirr steuerte. Es ist einfach faszinierend durch die kleinen Gässchen zu laufen und die verschiedenen Viertel wiederzuerkennen: Weberviertel, Tischlerviertel, Gerberviertel usw. Da wurde mir klar, dass das früher bei uns auch nicht anders war. Dieses Handwerk finde ich gerade so bewundernswert, da die Menschen hier einfach die richtige Technik kennen, um aus Leder wunderbare Gegenstände zu zaubern. Gerade auch die Aussicht auf die Gerberei (und der Gestank) war beeindruckend. Alles mit Naturmitteln hergestellt, färbt sich das Leder blau, rot, beige, braun, schwarz. Seht selbst:
Mittlerweile bin ich mit der Uni übrigens fertig und genieße die freie Zeit. Ende Mai geht es dann für 3 Monate zurück nach Deutschland bevor ich mein Praktikum in Brüssel antrete!
Ich werde noch einiges über Marokko schreiben, seid gespannt!