„Besser spät als nie“ sagt man doch, oder?

Nach einem aufregendem Sommer möchte ich abschließend noch über mein Auslandsstudiensemester in Bogotá berichten. Der nachfolgende Text soll vor allem jenen helfen, die mit dem Gedanken spielen, in Kolumbien zu studieren, vielleicht sogar an der Universidad de los Andes (ich hab gehört da soll es ganz nett sein, hihi). 

Doch wie ist es eigentlich in Kolumbien zu studieren? Was muss man beachten, wenn man sich dafür entscheidet, als FreeMover ins Ausland zu gehen? Warum sollte man sich für die Uniandes entscheiden? Diese und einige andere Fragen möchte ich in diesem Post kurz aufgreifen. 

Warum als FreeMover ins Ausland gehen?

Die Entscheidung als FreeMover mein Auslandssemester zu verbringen, war für mich sehr schnell getroffen. Man hat eine unendliche Auswahl an Hochschulen, da einem im wahrsten Sinne des Wortes die ganze Welt offen steht. Man kann sich nach individuellen Präferenzen Land, Ort und Universität aussuchen. Da ich gern nach Lateinamerika wollte und gleichzeitig meinen Schwerpunkt auf Politikwissenschaft legen wollte, schieden die meisten Partnerunis der OTH für mich von Anfang an aus. Die Suche nach einer geeigneten Institution kann schon etwas Zeit in Anspruch nehmen, dafür hat man aber die Möglichkeit, alle Wünsche zu beachten. Es gibt zwei wichtige Dinge zu beachten, wenn man sich für ein Auslandssemester als FreeMover entscheidet. Das sind zum Einen die teilweise sehr hohen Studiengebühren, und zum Anderen der hohe Organisationsaufwand. Bezüglich der Studiengebühren empfiehlt es sich, sich frühzeitig nach Fördermöglichkeiten zu erkunden. Viele Stipendien bieten eine umfangreiche Auslandsförderung, welche die Studiengebühren abdeckt. 

Was gibt es bei der Planung zu beachten?

Zunächst einmal ist eine erste Kontaktaufnahme wichtig, und das möglichst zeitig. Bietet die Wunschuniversität überhaupt die Möglichkeit, ein Semester als Free Mover zu studieren? Wann sind die Bewerbungsfristen? Welche Dokumente muss ich der Bewerbung beifügen? Ist vielleicht ein Sprachzertifikat notwendig? Eins sei vorab gesagt, als FreeMover kümmert man sich um ALLES selbstständig. Doch das ist machbar. Es empfiehlt sich, Kontakt zu dem örtlichen Austauschkoordinator/in zu suchen, der oder diejenigen kann meist alle nötigen Informationen zur Verfügung stellen. Bevor man sich endgültig für eine oder mehrere Universitäten bewirbt, sollte man überprüfen, ob die Kurse mit dem Studienprogramm zu Hause kompatibel sind, bzw. angerechnet werden, wie die Umrechnung der Credits funktioniert und welche Studiengebühren anfallen. Besonders wichtig zu beachten ist, ob eine Mindestanzahl an ECTS erreicht werden muss, um das Semester zu bestehen. Ist dies der Fall, ist Obacht geboten bei der Umrechnung der Credits der ausländischen Universität. Ist die Bewerbung abgeschickt, heißt es abwarten.

Wie wird man FreeMover an der Universidad de los Andes?

Die Uniandes zählt zu einen der besten Lateinamerikas. Bei Recherchen im Internet nach einer passenden Universität bin ich zufällig auf sie gestoßen. Im Juni habe ich die Hochschule erstmalig kontaktiert und mich nach dem Austauschprogramm als FreeMover und den Bewerbungsfristen erkundigt. Somit hatte ich den ganzen Sommer Zeit, ein Sprachzertifikat zu erwerben und alle übrigen Dokumente zusammen zu sammeln. Im September habe ich mich dann beworben, an der Universidad de los Andes, sowie an der Universidad Nacional de Colombia, wobei mein Favorit natürlich die Uniandes war. Im November habe ich dann endlich die Zusage bekommen. Ab diesem Moment konnte ich mich auch für mein Auslandsstipendium bewerben. Im Dezember habe ich dann meine Kurse gewählt, was als FreeMover etwas schwieriger war, da ich keinen Zugriff auf die gleichen Programme hatte wie normale Austauschstudierende. Nach langem E-Mailverkehr stand mein Stundenplan Anfang Januar, eine Woche vor Abflug, endlich fest. Da es allerdings noch nervenaufreibende Änderungen vor Ort gab, damit ich während des Semesters einen Spansichkurs besuchen konnte, konnte ich mein Learning Agreement nicht wie eigentlich vorgegeben 5 Wochen vor Studienbeginn  bei der OTH einreichen, sondern musste es später per Mail nachreichen.In Kolumbien angekommen, galt es dann noch einige anderen Steine aus dem Weg zu räumen. Die  Universidad de los Andes sah sich aus rechtlichen Gründen leider nicht in der Lage die Umrechnung der Credits zu unterschreiben (1 ECTS = 30 Stunden, 1 kolumbianischer Credit = 48 Stunden). Dies ist leider essentiell für die Anerkennung des Auslandssemsters zu Hause. Nach einigem Hin-und Her und der ein anderen Verzweiflungsattacke lies sich aber doch alles klären. Am Ende hatte ich ein unterschriebenes Learning Agreement, konnte einen Spanischkurs besuchen und die OTH Regensburg war mit der Umrechnung der Credits einverstanden. Eine weiterer Hürde war das Bezahlen der Studeingebühren, da ab einer gewissen Summe, Zahlungen ins Ausland nicht so einfach sind, wie man das vielleicht gern hätte. Und wenn dann auch noch Geldautomaten ein Tageslimit von 500 Euro haben, steht man schonmal vor einem scheinbar unlösbarem Problem. Mit Unterstützung meiner Bank konnte ich die Gebühren dann dennoch fristgerecht überweisen. Neben Geld hatte mich dieser ganze Prozess auch unendlich viele Nerven gekostet. Nach zwei Wochen Tohuwabohu konnte ich mich dann endlich voll und ganz auf mein Studium konzentrieren. Mein Fazit: Als FreeMover sollte man sich auf ein paar Unstimmigkeiten einstellen, es funktioniert selten alles nach Plan, schon gar nicht in Kulturräumen, wo der Plan, wenn überhaupt existent, auch meist ganz anders ausschaut. Aber, es lässt sich alles regeln. Es dauert nur eben manchmal etwas länger. 

Wo wohnt man in Kolumbien?

Es gibt mehrere Möglichkeiten eine Unterkunft zu finden. Ich habe mich für die leichteste entscheiden und das Angebot der Universität für einen Wohnheimplatz angenommen. Ich habe direkt auf dem Campus gewohnt und habe somit nie länger als zehn Minuten zu Fuß zu meinen Vorlesungen gebraucht. Im Wohnheim habe ich mir ein Apartment im 20. Stock gemeinsam mit zwei Kolumbianerinnen und einem Venezolaner geteilt. Die Miete wurde gleich am Anfang für das ganze Jahr gezahlt, und beinhaltete neben der Wohnung auch die freie Nutzung des Fitnessstudios, der Sportkurse und Gemeinschaftsräume. Wer sich eher weniger fürs Wohnheim begeistern kann, hat auch die Möglichkeit sich selbst eine Wohnung, ein WG-Zimmer oder ein Zimmer in einem der beliebten Studentenhäusern zu suchen. In diesen Häusern leben meist 30-40 Studierende verschiedener Universitäten der Stadt zusammen. Dort ist auf jeden Fall immer was los. Mit etwas Recherche lässt sich auf jeden Fall was passendes finden.

Wie ist das Studium an der Universidad de los Andes?

Das Studium an der Uniandes unterscheid sich in vielen Dingen von dem an der OTH in Regensburg. So hatte ich zum Beispiel jede Vorlesung zwei mal pro Woche. Für jede Unterrichtseinheit musste diverse Lektüre gelesen und vorberietet werden, denn nicht selten erwarteten einen ungekündigte Überraschungstests. Ich hatte montags bis donnerstags jeden Morgen um 8:00 Uhr Spanisch, der Rest meiner Kurse wurde komplett auf Spanisch gehalten. Ich belegte vier Politikkurse: Einführung in kolumbianische Politik, Theorien internationaler Beziehungen, Vergleichen Politikwissenschaft und Öffentlichkeitspolitik. In den Vorlesungen waren wir meist 30 bis 80 Studierende. Anders war auch, dass in fast allen Kursen Anwesenheitspflicht galt. Trotz der vielen vielen Zwischenleistungen während des Semesters, wie Gruppenarbeiten, Lektürezusammenfassungen, Kurzpräsentationen, Hausarbeiten, Videoerstellungen, etc., wurden am Ende des Semesters Abschlussprüfungen in fast allen Fächern absolviert. Alles in allem hatte ich den Eindruck, dass das Universitätssystem im vergleich zu Deutschland sehr verschult ist und ein größerer Fokus auf die Vermittlung von Wissen gelegt wird, anstatt auf das Anwenden von Methoden. Trotzt des sehr hohen Arbeitspensums habe ich das Studium an der Uniandes als sehr bereichernde und lehrreiche Erfahrung wahrgenommen. Ich habe viel neues Wissen gewonnen und meinen politikwissenschaftlichen Horizont erweitern können. Außerdem blieb bei der ganzen Büffelei auch immer noch genug Zeit Stadt, Land und Leute kennen zu lernen und das Leben als Austauschstudentin zu genießen. 

Warum sollte ich mich für ein Auslandssemester an der Unviersidad de los Andes entscheiden?

Hier eine kurze Auflistung an meiner Meinung nach schlagenden Argumente, die für die Uniandes sprechen:

  • Die Uni eignet sich perfekt, wenn man komplett auf Spanisch studieren will.
  • Mit „hermanos sin fronteras“ bietet die Uniandes ein umfangreiches Buddy-Programm, deren Mitglieder sich bereits vor der Ankunft in Kolumbien um die Fragen und Probleme der zukünftigen Austauschstudierenden kümmern.
  • Das International Office ist die Anlaufstelle bei allen Sorgen und Nöten. Die Mitarbeiter unternehmen gefühlt alles Menschenmögliche um besonders auch den FreeMovern unter die Arme zu greifen. Die Fürsorge geht weit über das notwendige hinaus. Man fühlt sich dort wirklich gut aufgehoben. 
  • In dem riesigen Angebot an Kursen und Vorlesungen wird sehr viel Wissen vermittelt, ob zu weit flächigen Themengebieten oder sehr spezifischen Fachbereichen. 
  • Der Campus bietet alles, was das Herz begehrt, von einer Vielzahl an kleinen Restaurants, über ein olympia-würdiges Sportzentrum, diverse Sprachzentren, mehrerer Bibliotheken, einladende Gemeinschaftsräume, eine campuseigene Arztpraxis,  eine landesweit gültige Krankenversicherung und und und…
  • Die Universidad de los Andes zeichnet sich durch eine hohe Internationalität aus, jedes Semester besuchen sehr viele exchange students die Andenuni. 
  • Der Kontakt zu den Professoren/innen ist sehr angenehm und auf Augenhöhe.
  • Außerdem: Bogotá fetzt! Die Stadt ist so vielseitig, aufregend und einnehmend, dass man trotz der kalten Temperaturen gar nicht weg möchte. (Naja, ab und an ein Ausflug ins wärmere Umland ist schon ganz nett)
  • Und: Kolumbien ist einfach großartig! Aber was erzähl ich euch da, schaut es euch doch einfach selbst an!

Resümee 

Ich habe in Kolumbien eine großartige Zeit erlebt. Das Leben als Austauschstudent habe ich in vollen Zügen genossen und bin in meinem Da-Sein als FreeMover vollends aufgegangen. Während der fünf Monate in Kolumbien habe ich so viel mitgenommen, sowohl in meiner persönlichen Entwicklung, als auch fachlich. Ich kann Kolumbien nur jedem ans Herz legen, das Land hat so viel mehr zu bieten als Kaffee und Pablo-Escobar-Mythen. Und wer ein Studium in Kolumbien plant, ich persönlich hätte mir keine bessere Hochschule vorstellen können. Man sollte sich auf keinen Fall von möglichen Hürden, sei es bei der Sprache oder der Organisation für ein Semester als FreeMover, abschrecken lassen. Allen, die jetzt noch zweifeln, wo sie ihr Auslandssemester verbringen möchten und ob der Austausch als FreeMover das richtige für sie ist, kann ich nur sagen: Die Antwort auf alle Fragen ist Kolumbien. 

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